Titel: How to Make Friends with the Dark
Autorin: Kathleen Glasgow
Seitenzahl: 464
Verlag: Fischer
Originaltitel: How to make friends with the dark
Übersetzerin: Maren Illinger
Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars!
Tiger und ihre Mutter waren immer ein enges Gespann, gut eingespielt und füreinander da. Plötzlich und unverhofft steht Tiger alleine da, denn ihr Mutter stirbt. Ihr fehlt nicht nur die Wärme ihrer Mutter, sondern auch ihr Licht. Kann sie der aufkommenden Dunkelheit entkommen?
„How to Make Friends with the Dark?” ist bereits mein zweiter Roman von Kathleen Glasgow und auch dieses Mal konnten mich die Zeilen packen und tief berühren. Tiger ist ein junges Mädchen, dass sich mit der plötzlichen Brutalität des Lebens konfrontiert sieht und dabei nicht nur gegen den Schmerz, sondern auch die aufkommende Dunkelheit in ihr kämpfen muss. Und der Tatsache, dass ihr letztes Gespräch mit ihrer Mutter, ein Streit war. Diese Last droht Tiger zu zerbrechen.
Ausgerechnet ein Ballkleid ist der Auslöser für diesen Streit, denn es ist scheußlich in Tigers Augen, doch ihre Mutter hat es nun einmal ausgesucht. Als sie ein letztes Mal den Telefonhörer auflegt, stirbt Tigers Mutter an einem Hirn-Aneurysma. Von da an gibt es für Tiger nur noch ein Danach, und das Ballkleid als einziges Kleidungsstück. Das Nicht-Ablegen-Wollen des Ballkleids zeigt dabei eindrucksvoll, dass Tiger nicht mehr weiß, wohin mit sich, sie weiß nicht, wie sie sich in dieser Welt einordnen soll, also verharrt sie in dem Moment des letzten Gespräches mit ihrer Mutter. Und das Sinnbild dafür ist das Ballkleid.
Tiger droht an den Schuldgefühlen zu zerbrechen, zudem ist der Staat der Vormund von Tiger, denn es gibt augenscheinlich keine Verwandten. Für Tiger beginnt eine düstere Zeit, und ihre Gedanken zerfressen nicht nur sie selbst, sondern rütteln beim Lesenden viele Gefühle und Emotionen wach. Das Lesen viel mehr teilweise wirklich schwer, weil man das Gefühlchaos auf sich überträgt, man leidet mit Tiger und ihrer Rastlosigkeit. Denn neben der Bewältigung ihrer Gefühl entsteht beim Lesenden auch Wut auf das System der Pflegefamilien, die augenscheinlich einem Kind, welches unverhofft Waise wird, keinerlei Anker bietet und somit haltlos in die Dunkelheit stürzen lassen.
In diese Dunkelheit tritt dann ein Mensch, von dem Tiger niemals gedacht hätte noch zu hören bzw. nicht wusste, dass dieser Mensch überhaupt lebt. Und es scheint als würde etwas Licht zurückkehren, doch nicht alles, was Gold ist, glänzt. Und ganz oft trägt dieses „Goldstück“ dann selbst ein Päckchen emotionalen Balast mit sich.
Fazit:
„How to Make Friends with the Dark” hat mich erneut erschüttert, berührt und tilweise sprachlos gemacht. Kathleen Glasgow schreibt einen zeitlosen Roman darüber, was zu viele Jugendliche auf er Welt tagtäglich erleben: den Verlust der einzigen Bezugsperson im Leben und der Dunkelheit, die daraus folgt. Oftmals glauben wir, dass wir nur mit ausreichend Stärke so etwas überstehen kann, doch Tiger zeigt eindrucksvoll, dass es manchmal sehr knapp steht, zwischen dem Abdriften in die Dunkelheit und dem Finden von neuem Licht im Leben. Für mich war dieses Buch erneut ein Highlight und wichtiger Roman unserer Zeit.