Titel: The Girls I’ve been
Autorin: Tess Sharpe
Seitenzahl: 384
Verlag: Carlsen
Originaltitel: The Girls I’ve been
Übersetzerin: Beate Schäfer
Vielen Dank an den Carlsen-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!
Nora, Samantha, Haley, Rebecca, Katie und Ashley, all diese Namen führen zum selben Mädchen, zur Tochter einer Trickbetrügerin, die mit ihrer Hilfe Kriminelle ausnimmt und dann flieht. Nora – so nennt sich das Mädchen jetzt – gelingt es mit 12 dank ihrer Schwester zu fliehen, doch kann man die Vergangenheit wirklich immer abschütteln? Und was passiert, wenn man ganz aus Versehen in einen Banküberfall gerät und dabei auch noch zusammen mit der festen Freundin und dem Ex-Freund als Geisel gehalten wird?
Ich muss gestehen, dass ich nicht genau wusste, was mich bei „The Girls I’ve been“ erwartet, der Klappentext klingt unheimlich spannend und nach einem Thriller, welcher faszinieren könnte. In Wirklichkeit wurde aus der Geschichte noch so viel mehr! Zunächst einmal: Ja! Die Spannung ist durchgehend greifbar im Buch, vor allem deshalb, weil wir nicht nur die aktuelle Situation mit Banküberfall und Geiseldrama erleben, sondern auch Rückblenden eingeschoben bekommen, die den Leser*innen Stück für Stück die Vergangenheit von Nora erzählt. Teilweise wusste ich nicht, was ich spannender finde, Gegenwart oder Vergangenheit.
Natürlich enthalten beide Erzählstränge Elemente eines Thrillers, aber sie erzählen auch, wie ein junges Mädchen instrumentalisiert wird und dabei über sich hinaus wuchsen muss um den notwendigen Schritt – der Loslösung von der Mutter – zu gehen. In diesem Sinne ist es auch ein Coming-of-Age-Roman, der ganz klassisch zeigt, dass man nicht die Fehler der Eltern wiederholen muss und dass es viele kleine Ereignisse sein können, die dazu beitragen, dass man über sich hinauswächst. Nora ist dabei einigen, wirklich schlimmen, Situationen ausgesetzt und muss nun selbst erkennen, was falsch und richtig ist, von ihrer Mutter wird sie dies nicht erfahren. Ich mochte Nora als Protagonistin und habe mit ihr zusammen gezittert und gehofft, dass dieses Geiseldrama nicht in einem Alptraum endet.
Der Plot lässt es sich schon erahnen, denn neben Thriller und Coming-of-Age schwingt bei „The Girls I’ve been“ auch die Regenbogen-Fahne mit. LGTBQ+ ist Teil der Geschichte, ohne dabei jedoch das Augenmerk darauf zu setzen, und ich finde es so genial von Tess Sharpe das sie damit in meinen Augen deutlich macht, dass LGTBQ+ eben ganz normal und alltäglich sein sollte. Nora hat einen Ex-Freund und nun eine feste Freundin, die drei sind ein eingespieltes Gespann und ebenso Freunde. Iris und Wes – so die Namen der beiden – tragen dabei mit ihren Geschichten ebenfalls zu den Puzzlestücken bei, die am Ende „The Girls I’ve been“ zu einer fesselnden Geschichte machen. Der Schreibstil der Autorin sorgt dann zusätzlich noch dafür, dass man das Buch nur ungern aus der Hand legt und am liebsten bis tief in die Nacht lesen will, um dann vollkommen überrascht zu sein, dass das Ende schon da ist.
Es überrascht mich nicht, dass Netflix bereits an einer Verfilmung des Buchstoffes arbeitet und schon bekannt geben konnte, dass Millie Bobby Brown als Nora beim Projekt dabei sein wird. Bereits beim Lesen lief in meinem Kopf ein kleiner Film ab, Tess Sharpe sorgt also schon bei Leser*innen für Bilder im Kopf, da kann und sollte eine Verfilmung nur fulminant werden. Zurzeit gibt es noch kein Datum für die Veröffentlichung, aber ich hoffe, dass der Film nicht all zu lange auf sich warten lässt.
Fazit:
„The Girls I’ve been” hat mich absolut überrascht und mit jeder Seite mehr zu einem kleinen Highlight in meinem Lesejahr 2021 entwickelt. Weglegen viel unheimlich schwer, dafür ist die Geschichte einfach zu spannend und vielseitig, schließlich geht es nicht nur um einen Bankraub, Trickbetrüger und Identitätsfälschung, sondern auch darum, dass man dem allem entwachsen kann, erwachsen wir und sich von seinen Wurzeln löst. Alle Fans von spannender Unterhaltung, sollten hier unbedingt zugreifen.