Buchrezension

[Rezension] Heimweh – Graham Norton

Oktober 20, 2021

Titel: Heimweh
Autor: Graham Norton
Seitenzahl: 384
Verlag: Kindler Verlag
Originaltitel: Home Stretch
Übersetzerinnen: Silke Jellinghaus, Katharina Naumann


Vielen Dank an den Kindler Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

 

Eine Gruppe junger Menschen ist auf dem Rückweg vom Strand, doch statt sich auf die baldige Hochzeit zu freuen endet dieser Ausflug in einer Katastrophe. Bei einem Autounfall sterben sowohl das junge Brautpaar, als auch die Brautjungfer. Die beiden Überlebenden, Martin, der junge Arztsohn, und Connor, der eigentlich nicht zur Gruppe gehört, müssen mit den Konsequenzen leben und dies sind nicht nur die kommende Gerichtsverhandlung, sondern auch das Gefühl des Außenseiters in der kleinen, irischen Gemeinschaft.

 

Der Autor Graham Norton ist sicherlich dem ein oder anderen ein Begriff, immerhin moderiert er seine eigene Sendung im BBC und hatte dabei bereits gefühlt jeden Prominenten auf der Couch. Graham Norton ist witzig, eloquent und einfach er selbst, und dabei auch ganz offen homosexuell. Wieso dies interessant in dieser Rezension ist? Beim Lesen hatte ich immer wieder das Gefühl, dass der Autor eigene Erfahrungen und Gefühle auf die fiktiven Figuren übertragen hat. Nicht nur stammt Graham Norton ebenfalls aus einer irischen Kleinstadt, er ist zu dem, ähnlich wie Connor, durch seine sexuelle Orientierung in Bedrängnis gerät und fliehen muss.

 

In „Heimweh“ übernimmt nun Connor die Rolle des jungen Menschen der mit dem irischen Kleinstadtgeist nicht zurechtkommt und die Flucht nach vorne antritt. Dabei wird in den Kapiteln immer wieder deutlich, wie verletzlich Connor ist und auch wie viel Unsicherheit er in sich trägt. Dabei wird Homosexualität natürlich immer wieder thematisiert, vor allem auch generationsübergreifend, denn 20 Jahre nach dem verheerenden Unfall hat Connor eine Begegnung in einer New Yorker Bar, die sein Denken erneuern wird. Sein Neffe steht ihm gegenüber, ein Neffe von dem er bisher nichts wusste und der ihm die Hoffnung schenkt, dass sie vielleicht doch etwas getan hat und die Menschen und die Gesellschaft in kleinen, irischen Städten sich weiterentwickeln können. 

 

Anscheinend war es vor allem wichtig zu entscheiden, wessen Unglück sich leichter ertragen ließ. Und das war ihr eigenes.

Seite 124, „Heimweh“ – Graham Norton

 

Ein anderes Bild zeichnet sich für Ellen nach dem Unfall ab, auch wenn sie nicht direkt in dieser Nacht daran beteiligt ist, so wirkt sich dieses grauenhafte Ereignis auf ihr gesamtes Leben aus. Auch Ellen leidet unter dem Kleinstadtleben und muss erkennen, dass manches mehr Schein als Sein ist. An ihr erkennt man sehr gut – und das war ein Punkt, welchen ich besonders an ihr mochte – wie sehr man über sich hinauswachsen kann und nicht an bestimmten Momenten zerbricht. Ellen zeigt dabei als Figur eindrucksvoll, dass man sich nicht zwingend an der vorherigen Generation orientieren muss und es an vielen Punkt auch wichtig ist, wie schon vorher angemerkt, sich weiterzuentwickeln. Ellens Ehe ist dabei das Sinnbild für all diese Charakterzüge, und auch für die Traurigkeit und Einsamkeit, welche man in einer solchen Institution entdecken kann.

 

Die Kapiteln beziehen sich nicht nur auf einzelnen Protagonisten, sondern auch auf verschiedene Jahre. Im Lesen springt man immer wieder zwischen den Jahren, auch gerne mal mit Rückblenden. Der Schreibstil ist einfach, aber dennoch tiefgründig und ich konnte sehr gut in die Geschichte hineinfinden. An der ein oder anderen Stelle konnte sich eine Szene etwas in die Länge ziehen, dennoch lässt sich „Heimweh“ ganz wunderbar lesen und genießen. 

 

 

Fazit:

„Heimweh“ von Graham Norton ist ein Bild von einer irischen Kleinstadt und dessen Menschen, die sich im Verlauf der Jahrzehnte weiterentwickeln, oder eben stehen bleiben und auf alte Werte verharren und sich dabei selbst verraten. Dabei geht es neben dem Ehe- und Familienleben auch um das Thema Homosexualität und wie dieses im katholischen Irland in den 80er und 90er verarbeitet wurde, sondern auch darum, wie man sich trotz dieser Umstände entfalten kann. Das Graham Norton dabei eigene Erfahrungen eingewoben gibt dem Buch aus meiner Sicht eine ganz besondere Note. Zumeist kommt beim Lesen Traurigkeit, Scham und Einsamkeit in verschiedenen Facetten vor, aber auch wie man Freude und Glück zwischen diesem finden kann.

 

 

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